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Sport während des Tauchurlaubes

Autorenbild: Michael MutterMichael Mutter

Eine gute Fitness ist essenziell, um den physischen Anforderungen des Tauchens gerecht zu werden. Hartnäckig hält sich aber das Gerücht, dass Sporttreiben sich nicht mit einem Tauchurlaub verträgt. Ein Leser des Dekoblogs hat sich genau diese Frage gestellt: Ist es erlaubt, während eines Tauchurlaubs Sport zu treiben, und wenn ja, worauf sollte man achten? Dieser Beitrag liefert die Antworten.


Auch Sport. Tauchschule H2O beim skills training. Foto: Patrick Oswald.
Auch Sport. Tauchschule H2O beim skills training. Foto: Patrick Oswald.

Fitness als Schlüssel für eine sichere Tauchpraxis

Tauchen erfordert mehr als nur technische Fertigkeiten und theoretisches Wissen – es setzt auch eine gute körperliche und psychische Verfassung voraus. Eine ausreichende Fitness ist entscheidend, um die üblichen Anforderungen des Tauchens sowie unerwartete Herausforderungen (Strömungen, Notfälle, Stressituationen) sicher zu bewältigen. Wer regelmäßig Sport treibt und dabei seine Herzfrequenz über 70 % der maximalen Herzfrequenz hält – für mindestens 90 Minuten pro Woche –, kann davon ausgehen, dass er über eine ausreichende körperliche Fitness für das Sporttauchen unter verschiedenen Bedingungen verfügt.


Doch wie wirkt sich Sport unmittelbar vor oder nach einem Tauchgang aus? Wie so oft kommt es auf das richtige Maß an.


Auswirkungen von körperlicher Anstrengung unmittelbar nach dem Tauchen

Intensive körperliche Anstrengung direkt nach dem Tauchen kann das Risiko einer Dekompressionskrankheit (DCS) erheblich erhöhen, insbesondere in der ersten Stunde nach dem Auftauchen. Dies liegt in erster Linie daran, dass in dieser Phase die Übersättigung mit Inertgasen am höchsten und damit die Wahrscheinlichkeit einer Gasblasenbildung am grössten ist. Verschiedene Mechanismen verstärken in dieser Phase das DCS-Risiko weiter:  


Ein verstärktes Shunting auf Lungenebene ist einer der Hauptgründe für ein erhöhtes DCS-Risiko nach intensiver körperlicher Anstrengung. Normalerweise werden Mikroblasen, die beim Aufstieg entstehen, in der Lunge herausgefiltert, bevor sie in den arteriellen Kreislauf gelangen. Durch körperliche Anstrengung kann sich der Blutfluss jedoch so verändern, dass mehr Blasen diesen Filter umgehen und in den Körperkreislauf gelangen (Shunting).


Bemerkenswerterweise wurden pulmonale Rechts-Links-Shunts nicht nur bei intensivem Sporttreiben häufiger beobachtet, sondern auch unter allen anderen Arten von Stress. Bereits die Ausschüttung von Stresshormonen kann die Wahrscheinlichkeit eines Shuntings erhöhen. Dies könnte erklären, warum nach einem Tauchgang nicht nur körperliche Belastung, sondern auch Stress im Allgemeinen das Risiko für eine Dekompressionskrankheit steigern kann.


Ein weiteres Risiko besteht durch ein offenes Foramen ovale (PFO), eine kleine Verbindung zwischen den Vorhöfen des Herzens, die bei einem Teil der Bevölkerung zu finden ist. Unter Pressatmung kann der Druck im rechten Vorhof steigen, was dazu führt, dass Mikroblasen in den linken Vorhof gepresst, so direkt in den arteriellen Kreislauf gelangen und Symptome auslösen. Dies ist bei Kraftanstrengungen der Fall. Deshalb soll beim Vorhandensein eines PFO nach einem Tauchgang nicht schwer gehoben werden. Die Meisten dürften aber nicht wissen, ob sie ein PFO haben oder nicht. Deshalb sollte nach einem Tauchgang mehrere Stunden bis zum nächsten Krafttraining gewartet werden. Dies ist während eines Urlaubes, bei dem mehrmals täglich getaucht wird, nicht möglich. Darüber hinaus ist beim non-limit-Tauchen immer mit einer Restsättigung zu rechnen, weswegen sich Krafttraining nicht mit einem solchen Urlaub verträgt.


Kein Krafttraining nach Tauchgängen!

Ausserdem gibt es Hinweise darauf, dass Bewegung mechanisch zur Blasenbildung beitragen kann. Es wird spekuliert, dass ähnlich wie beim Schütteln einer Mineralwasserflasche durch starke Bewegungen bereits vorhandene Mikroblasen wachsen, sich vermehren, von den Gefässwänden lösen und in die Zirkulation geraten.


Aus diesen Gründen wird dringend empfohlen, nach einem Tauchgang auf intensive körperliche Aktivität zu verzichten. Besonders in der ersten Stunde nach dem Auftauchen sollten körperliche Anstrengungen vermieden und dem Körper Zeit für die Entsättigung von Inertgasen gegeben werden. Idealerweise sollte eine noch längere Ruhephase eingehalten werden, bevor größere physische Belastungen erfolgen. Allerdings kann leichte Aktivität durch die Anregung der Zirkulation die Entsättigung unterstützen. Nach einem Tauchgang nur zu schlafen, ist wahrscheinlich auch keine gute Idee.


Vorteile von Training vor einem Tauchgang

Während körperliche Belastung nach dem Tauchen problematisch sein kann, zeigt sich ein positiver Effekt von Ausdauersport in den Tagen und Stunden vor einem Tauchgang. Die genauen Mechanismen sind noch nicht vollständig erforscht, doch es wird angenommen, dass regelmäßige körperliche Aktivität eine stabilisierende Wirkung auf die Gefäßwände hat und den Stoffwechsel so beeinflusst, dass Blasen entweder weniger entstehen oder ihre Wirkung auf den Körper verringert wird. Ein weiterer möglicher Effekt ist eine reduzierte Entzündungsreaktion, die durch Blasen im Blutkreislauf ausgelöst werden kann.


Moderates Ausdauertraining vor dem Tauchen kann sinnvoll sein.

Es gibt Hinweise darauf, dass regelmäßiges Ausdauertraining das Risiko einer Dekompressionskrankheit generell senken kann. Darüber hinaus deuten kleinere Studien darauf hin, dass auch ein moderates Ausdauertraining bis zu einer Stunde vor dem Tauchgang positive Effekte haben kann. Allerdings ist dieser unmittelbare Schutz nicht von unbegrenzter Dauer – Untersuchungen legen nahe, dass die schützende Wirkung von Ausdauersport maximal 48 Stunden anhält.


In erster Linie ist es sinnvoll, regelmäßig Sport zu treiben, um langfristig von den ganz allgemeinen positiven Effekten von Ausdauersport zu profitieren.


Dehydrierung und Tauchen: Ein unterschätzter Risikofaktor

Neben einer durchdachten Trainingsstrategie ist auch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr entscheidend. Dehydrierung kann das Risiko einer Dekompressionskrankheit erhöhen, da sie die Fließeigenschaften des Blutes (Rheologie) verändert. Eine erhöhte Blutviskosität kann die Entsättigung von Inertgasen verlangsamen und die Bildung von Gasblasen, insbesondere an der Gefäßinnenschicht, begünstigen.


Viele Taucher unterschätzen den Flüssigkeitsverlust, der nicht nur durch das Tauchen selbst, sondern auch durch körperliche Aktivitäten an Land entsteht. Wer in heißen Regionen zusätzlich Sport treibt kann unbemerkt stark dehydrieren.


Ein weiterer Faktor ist der Konsum von Alkohol, der Dehydrierung zusätzlich verstärken kann. Wer viele Tauchgänge macht, sollte sich beim Alkoholkonsum mässigen.


Vorsicht Dehydrierung!

Um diesen Risiken entgegenzuwirken, sollten Taucher vor und nach jedem Tauchgang ausreichend Wasser trinken. Besonders wer in heißen Regionen sportlich aktiv ist, sollte seine Flüssigkeitszufuhr gezielt anpassen. Eine gute Faustregel ist, über den Tag verteilt regelmäßig Wasser zu trinken und auf klare Anzeichen von Dehydrierung – wie Kopfschmerzen, dunklen Urin oder Schwindel – zu achten. Während intensiver körperlicher Aktivitäten in warmen Klimazonen kann es zudem sinnvoll sein, elektrolythaltige Getränke zu konsumieren, um den Mineralstoffhaushalt auszugleichen.


Optimale Trainingsstrategien für Taucher

Um das Risiko einer Dekompressionskrankheit zu minimieren und gleichzeitig von den Vorteilen körperlicher Fitness zu profitieren, sollten Taucher ihre Trainingsroutine gezielt anpassen. Besonders Ausdauersportarten wie Laufen, Schwimmen, Radfahren oder Rudern sind empfehlenswert, da sie die kardiovaskuläre Fitness fördern und die Fähigkeit des Körpers verbessern, mit Gaswechselprozessen effizient umzugehen.


Leichtes Krafttraining kann die allgemeine körperliche Leistungsfähigkeit steigern, sollte jedoch nicht unmittelbar nach einem Tauchgang erfolgen. Besonders intensive Belastungen wie Intervalltraining können vor einem Tauchgang zu einer vorübergehenden Erschöpfung führen und die physiologische Anpassung an den Tauchgang beeinträchtigen. Daher ist es ratsam, mindestens einen Tag vor dem Tauchen auf sehr anstrengende körperliche Aktivitäten zu verzichten.


Moderates Ausdauertraining in den 24 Stunden vor einem Tauchgang ist hingegen unproblematisch und kann sich sogar positiv auf das Risiko einer Dekompressionskrankheit auswirken. Entscheidend ist, dass der Körper ausreichend Zeit zur Erholung hat und gut hydriert ins Wasser geht. Daher empfiehlt es sich, sportliche Aktivitäten mit einem Abstand von mindestens 4 bis 6 Stunden vor dem Tauchgang einzuplanen.


Fazit

Fitness ist ein entscheidender Faktor für sicheres Tauchen, doch der richtige Zeitpunkt körperlicher Aktivität spielt eine wesentliche Rolle. Während Ausdauertraining in den Tagen vor einem Tauchgang das Risiko einer Dekompressionskrankheit senken kann, erhöht intensive körperliche Anstrengung direkt nach dem Tauchen die Gefahr einer DCS.


Ein oft unterschätztes Risiko stellt zudem Dehydrierung dar, die durch Sport, heißes Klima oder unzureichende Flüssigkeitszufuhr verstärkt wird und das DCS-Risiko zusätzlich steigern kann. Deshalb sollten Taucher nicht nur auf eine durchdachte Trainingsstrategie, sondern auch auf eine ausreichende Hydrierung achten, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Insbesondere auf Krafttraining unmittelbar nach einem Tauchgang sollte konsequent verzichtet werden.


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