Forscher der University of California, Berkeley, haben ein innovatives gelbes Pulver namens COF-999 entwickelt, das Kohlendioxid (CO₂) effizient aus der Luft entfernt und damit einen Beitrag zur Bekämpfung des Treibhauseffekts leisten könnte. Auf Taucher.net wurde die Frage aufgeworfen, ob dieses Material als Ersatz für Kalk in Rebreathern geeignet wäre.
Was ist COF-999?
Unter dem Rasterelektronenmikroskop betrachtet, zeigt sich COF-999 als ein Netzwerk winziger, basketballähnlicher Strukturen mit Milliarden von Poren. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes kovalentes organisches Gerüst (Covalent Organic Framework, COF), bestehend aus Kohlenstoff- und Stickstoffatomen, die in einer hexagonalen Struktur angeordnet sind. Die mikroskopischen Poren enthalten Amine – basische Verbindungen, die CO₂-Moleküle gezielt binden, wenn Luft hindurchströmt. Das gebundene CO₂ kann durch moderate Erwärmung (etwa 60 °C) wieder freigesetzt, abgesaugt und beispielsweise unterirdisch gespeichert werden. Das Pulver bleibt dabei intakt und ist wiederverwendbar. Selbst nach 300 Zyklen zeigte es im Experiment eine konstante Leistung.
Eignung für Rebreather
Für den Einsatz in Rebreathern gibt es jedoch Fragezeichen. Zum einen ist COF-999 so leicht, dass es zerstäuben, in den Atemkreislauf gelangen und möglicherweise vom Taucher eingeatmet werden könnte. Zum anderen stellt sich die Frage, ob das Material CO₂ effizient genug bindet, um mit Standard-Kalk mithalten zu können.
COF-999 hat eine CO₂-Bindungskapazität von 2,05 mmol pro Gramm unter einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50 %. Ein Mol eines idealen Gases nimmt unter Normalbedingungen etwa 22,4 Liter ein, sodass 2,05 mmol rund 45,9 ml CO₂ binden können. Das bedeutet, dass 1 kg COF-999 etwa 45,9 Liter CO₂ aufnehmen kann. Zum Vergleich: 1 kg Sofnolime 797, der Standardkalk für Rebreather, bindet etwa 150 Liter CO₂ – ein Vielfaches dessen, was COF-999 leisten kann.
Unterschiede in den Testbedingungen
Ein direkter Vergleich der Materialien ist allerdings schwierig, da COF-999 unter Bedingungen getestet wurde, die stark von denen im Rebreather abweichen. Das Pulver wurde für die Abscheidung von CO₂ aus normaler Umgebungsluft entwickelt, in der die CO₂-Konzentration bei etwa 400 ppm liegt. Die CO₂-Konzentration in der Ausatemluft beträgt jedoch etwa 40.000 ppm, also das Hundertfache. Wie sich COF-999 unter diesen Bedingungen verhält, ist unklar.
Ein weiteres Punkt ist die Feuchtigkeit: Die Ausatemluft hat eine relative Luftfeuchtigkeit von 100 %, während COF-999 nur bei 50 % Luftfeuchtigkeit getestet wurde.
Fazit
Die Frage, ob COF-999 als Kalkersatz für Rebreather geeignet ist, lässt sich derzeit nicht abschließend beantworten. Die Möglichkeit, das Pulver durch moderate Erwärmung wiederzuverwenden, wäre vielversprechend, jedoch gibt es zahlreiche offene Fragen – insbesondere zur Bindungskapazität unter realistischen Tauchbedingungen. Hinzu kommt, dass der Preis des experimentellen Materials unbekannt ist und es fraglich bleibt, ob es für den Tauchsport erschwinglich würde.
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